von Christoph Seiffert
Eine Stunde vor Tagesanbruch machen wir uns unter dem klaren Sternenhimmel auf den Weg in die Höhe.
Langsam und stetig ziehen wir den schmalen Weg aufwärts. Nach einer Stunde erreichen wir den breiteren Hauptweg. Wir kommen an Menschen vorbei die schon weit unten nach Atem ringen und versuchen sich den Pass hochzukämpfen.
Immer wieder ziehen Andere in grossem Tempo an uns vorbei. Es dauert nie allzu lange und wir ziehen in unserem gemächlichen Trott wieder an ihnen vorbei.
Die Langsamkeit hilft uns, die Wanderung hinauf auf den 5670 Meter hohen Pass mit ruhigem Atem zu erreichen. Sicher, es ist anstrengend und jedes zu schnelles Anlaufen rächt sich nach 10 Schritten.
Ich finde unsere Gruppe toll, wir helfen einander und achten darauf unsere Ladungen wenn nötig besser zu verteilen. Wir helfen und lassen uns helfen die Reise gemeinsam zu gehen.
Es ist nicht selbstverständlich dass eine so zusammengewürfelte Gemeinschaft wie wir es sind, einander so beisteht.
Es macht mir grosse Freude so zusammen unterwegs zu sein.
Nach vier bis fünf Stunden sind wir auf dem windigen Dölma La Pass angelangt. Die Küchencrew hat uns eine heisse Suppe hochgetragen und die tut richtig gut in der Kälte.
Bald müssen wir weiter um nicht zu sehr auszukühlen.
Der Abstieg ist stufenweise etwas steil und zieht sich dazwischen leicht abfallend über Weiden und auch mal einen gefrorenen Bach.
Im Vergleich zum Aufstieg fliegen wir nun hinunter in die sauerstoffreichere Luft, beschwingt geht es bis hinunter ins Tal.
Nun folgt eine lange Wanderung das flache Tal hinunter. Es ist schön immer wieder die Leute unterwegs anzutreffen, die gerade rasten wenn wir ziehen und die uns grüssen wenn wir rasten: “Tashi Delek, Tashi Delek” rufen wir uns jedes Mal wieder zu.
Die meisten Gesichter sind glücklich und erfüllt. Nur hie und da trotten abgekämpfte Reisende mit zu Boden gesenktem Blick durch das Tal.
Es dauert Stunden bis wir nach dem Abstieg beim Kloster Zuthul Phuk ankommen. Trotz müder Beine schafft es jedes Einzelne unserer Gruppe mit zwar erschöpften aber glücklichen Augen das heutige Tagesziel vor fünf Uhr zu erreichen.
Nach einem Start um sieben Uhr in der Frühe mit nur kurzen Pausen waren wir somit etwa neun Stunden in grosser Höhe am Wandern. Ein Kompliment an die ganze Gruppe!
Einmal mehr ist uns die einheimische Crew mehrere Schritte voraus gewesen. Sie erwarteten uns mit heissen Getränken, Waschwasser und bald darauf mit einem reichhaltigen warmen Abendessen.
Die Männer sind wirklich bewundernswert, trotz aller physischen Anstrengungen, sehr wenig Schlaf und viel Arbeit sind sie stets aufmerksam, hilfsbereit und jederzeit mit einem Lächeln im Gesicht anzutreffen. Ohne sie wäre unsere Reise nicht im Entferntesten so komfortabel und die Gewissheit im Notfall absolut zuverlässige Helfer zu haben, wird zwar nur selten wahrgenommen, ist aber nicht zu unterschätzen.
Wir haben es nicht aus freien Stücken gewählt, auf der Khora in Herbergen zu übernachten. Deren Standard ist ziemlich untere Schublade, das Zelt wäre meist sauberer. Dennoch ist es angenehm, aus dem kalten Wind in einen zwar ungeheizten, aber doch geschützten Raum zu kommen.
Die etwas schmuddeligen Betten sind vom kalten Boden weg und so sind die Nächte nicht so kalt.
Wir müssen uns die vorhandenen Fünferzimmer teilen, allerdings kommen wir damit gut zurecht.
In Zeiten mit mehr Reisenden auf der Khora wäre es undenkbar, als Gruppe hier Schlafplätze zu finden.
Bald nach dem Abendessen verziehen wir uns in die Betten und kurz darauf ist rundum der regelmässige Atem der Schlafenden zu hören.